CAREERS LOUNGE präsentiert Personalities: Chris Surel (Teil 2)
CAREERS LOUNGE: Viele Menschen sind gestresst durch die Informationsflut und die digitalen Medien. Wie lautet deine Empfehlung weniger Stress zu erleben?
Chris Surel: Die Hauptempfehlung lautet, den Reflex, den wir uns angewöhnt haben, jede Sekunde auf das Handy zu schauen, besser zu kontrollieren. Also sich beim Essen anzugewöhnen, das Handy nicht am Tisch zu haben oder den Monitor nach unten zu drehen. Zeitpunkte und Orte zu definieren, wo das Handy kein Bestandteil sein muss. Das heißt nicht, kein Handy mehr zu nutzen und eine Technology Detox-Kur zu machen. Aber das Handy muss nicht jede Sekunde eine Rolle spielen.
Im Flieger oder in der Bahn hat man früher aus dem Fenster geschaut und das Gehirn konnte sich kurzfristig entspannen. Heute sind wir auf Facebook oder anderen Kanälen unterwegs. Der große Fehler, ist zu denken, das lenkt uns von der Arbeit ab und entspannt deshalb. Doch was passiert beim Scrollen durch den Facebook Feed wirklich? Unser Gehirn muss hunderte von Entscheidungen treffen: relevant oder nicht relevant? Soll ich diesen Artikel lesen oder nicht lesen? Soll ich liken oder nicht liken? Das ist für die meisten noch mehr emotionaler oder psychologischer Stress als die Arbeit an sich! Es ist unendlich kraftraubend und energiezehrend, die Pausen damit zu verbringen.
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Ist es denn nicht so, dass Social Media Entspannung bringen?
Genau das stimmt nicht! Wir haben ein bestimmtes Reservoir an Energie und Willenskraft pro Tag. Mit jeder Entscheidung, die wir treffen, wird die Energiereserve verringert. Es hat einen Grund, warum Marc Zuckerberg und Steve Jobs jeden Tag die gleichen Sachen anziehen. Sie sparen sich morgens die Entscheidung, welche Sachen sie anziehen sollen. Das spart viel Energie, um genug Energie für die wichtigen Dinge zu besitzen. Wer Mode und Kleidung für wichtig hält, soll das natürlich weiter so halten, aber wem es unwichtig ist, der kann es vereinfachen.
In Social Media seine Pausen zu verbringen, bewirkt genau den gegenteiligen Effekt, weil wir da hunderte von Entscheidungen treffen, mit denen wir unser Energielevel dezimieren.
Die Entscheidungen, die wir in Social Media treffen, rauben also Energie. Geht es nicht auch um das Dopamin, das ausgeschüttet wird, wenn wir in sozialen Medien unterwegs sind?
Natürlich. Dopamin wollen wir alle, weil wir eben diesen Dopaminkick wollen. Das gleiche passiert übrigens auch beim Rauchen einer Zigarette. Das ist der Grund, warum wir reingehen. Aber die Folge ist, dass unser Gehirn dabei Entscheidungssituationen ausgesetzt ist. Das merkt jeder selber: Wer an einem Wochenende mit schlechtem Wetter viel Zeit am Handy verbracht hat, fühlt sich irgendwie platt wie nach dem Arbeiten. Das ist genau dieser Level, bei dem man ausgelaugt ist.
Wir laugen uns selbst aus, ohne es zu bemerken?
Wir beginnen die Arbeit bei unseren Kunden mit einer Eingangsbewertung. Manche Kunden sagen: "Ich bin handysüchtig, ich gucke alle zwei Minuten auf das Handy." Wenn ich sage: "Lass es halt" - kommt Widerspruch. Man kann das nicht so einfach loswerden. Motorisch ist es hinterlegt, diesen Griff zum Handy zu brauchen. Ich will die Medien überhaupt nicht kritisieren, aber von den Mechaniken, die angewendet werden, ist es natürlich sehr schlau. Die Timeline bei Facebook mit einem Swipe down zu aktualisieren, ist der gleiche Effekt wie in Las Vegas beim einarmigen Banditen: Du schmeißt das Rad neu an, um zu sehen, was es an Aktualisierung bringt. Jackpot, du hast wieder gewonnen! Es gibt wieder neue Dinge! Es sind genau die gleichen Abläufe, die im Casino stattfinden! Genau diese Abläufe sind bei Social Media auch aktiv.
In Social Media seine Pausen zu verbringen, bringt keine Entspannung, sondern bewirkt genau den gegenteiligen Effekt, weil wir da hunderte von Entscheidungen treffen, mit denen wir unser Energielevel dezimieren.
Wie helft ihr euren Kunden, die Zeiten am Handy zu reduzieren?
Wir nehmen die Attraktivität beim Handy sofort raus. Wir können z.B. den Bildschirm umstellen auf Schwarz-weiß, damit ist es nur noch halb so interessant wie ein farbiger Bildschirm und so wird das Handy weniger sexy und interessant. Schon fällt es leichter, nicht mehr hinzusehen. Spart sehr viel Zeit. Wir können mit einer App die Dauer der Handynutzung messen. Die App zeigt, dass sie z.B. sechs Stunden am Tag am Handy verbringen und dann ist das Erstaunen groß. Durch eine Optimierung sind wir nur noch bei drei Stunden und das ist ein Gewinn von drei Stunden Lebenszeit.
Wenn diese Zeit in Erholungsmaßnahmen aber auch in Regenerationsmaßnahmen investiert wird, bringt das die Energie auf ein höheres Level. Das ist letztlich das Ziel: Meine Kunden wollen ihren Energielevel und ihre Leistungsfähigkeit upgraden. Nicht, weil sie zwingend ein Problem haben, sondern weil sie sagen, das Leben ist herausfordernd und ich will die Skills haben, über viele Jahrzehnte weiter erfolgreich zu sein.
